Adultismus – Wenn Kinder von Erwachsenen diskriminiert werden (Teil 1)

von Janine Braunegger

Erwachsene haben die Aufgabe, Kinder und Jugendliche bei ihrer Entwicklung sorgfältig zu begleiten und zu unterstützen. Junge Menschen müssen die Welt und wie sie funktioniert erst kennenlernen, deshalb ist es wichtig, dass Erwachsene ihnen Schutz bieten. Leider missbrauchen Erwachsene manchmal ihre Position, beispielsweise wenn sie Kinder aufgrund ihres Alters nicht ernst nehmen. Anstatt Kinder zu schützen, schaden sie den Kindern durch ihr Verhalten. Diese Form der Diskriminierung bezeichnet man als Adultismus und ist ein ernstzunehmendes Phänomen, das oft unerkannt bleibt. Wir geben in dieser zweiteiligen Serie einen Überblick zum Thema Adultismus. Im ersten Teil erklären wir, was man unter Adultismus versteht, welche Formen es gibt und wer davon betroffen ist.

Was ist Adultismus?

In der Literatur wird Adultismus als Machtungleichgewicht zwischen Erwachsenen und Kindern beschrieben. Erwachsene nutzen ihren Erfahrungsvorsprung aus, indem sie junge Menschen aufgrund ihres Alters nicht gleichwertig behandeln. Adultismus gilt als die erste erlebte Diskriminierungsform, mit der Kinder konfrontiert werden. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Erwachsensein die Norm ist und Kindsein eben nicht. Es ist erstrebenswert, erwachsen zu sein, Aspekte des Kindseins werden hingegen mit Schwächen in Verbindung gebracht. Das beginnt bereits damit, dass Wörter wie “kindisch” oder “kindlich” negative Assoziationen hervorbringen. Viele kennen bestimmt Aussagen wie “Wir sind doch hier nicht im Kindergarten!” oder “Jetzt sei doch nicht so kindisch!”. Erwachsene empfinden ihre eigenen Erfahrungen und Sichtweisen als wertvoller, was den Kindern und Jugendlichen auch so vermittelt wird.

Genau genommen wird die Bezeichnung „Adultismus“ bei Kindern von 0 bis 13 Jahren verwendet, bei Jugendlichen von 14 bis 17 Jahren spricht man von „Epiphanismus“. Im Grunde ist damit dasselbe Phänomen gemeint, nur eben auf Jugendliche beschränkt.

Wer ist von Adultismus betroffen?

Sowohl Erwachsene als auch Kinder und Jugendliche können von Adultismus betroffen sein. Wenn Erwachsene selbst in ihrer Kindheit oder Jugend Adultismus erfahren haben und kein Bewusstsein dafür geschaffen wurde, passiert es häufig, dass sie die eigenen Diskriminierungserfahrungen unbewusst weitergeben. Gerade das ist das große Problem mit Adultismus: Dadurch, dass es unbewusst weitergegeben wird, sind adultistische Strukturen tief im System verankert. Deshalb erscheint vielen ein adultistischer Umgang mit Kindern und Jugendlichen als „normal“.

Welche Formen von Adultismus gibt es?

Egal, ob im Kindergarten, an Schulen oder zu Hause: Adultismus kann überall dort stattfinden, wo Kinder und Jugendliche mit Erwachsenen zu tun haben. Adultismus kann in verschiedenen Bereichen vorkommen, aber wir beschränken uns hier auf die zwei Hauptbereiche, in denen adultistische Strukturen erkennbar sind: Die „individuelle Ebene“ und die „strukturelle Ebene“. Die individuelle Ebene umfasst alles, was in der direkten Kommunikation zwischen Erwachsenen und Kindern passiert. Gefühle, Bedürfnisse und Meinungen von Kindern und Jugendlichen werden von Erwachsenen nicht ernst genommen. Die strukturelle Ebene bezieht sich auf festgelegte Strukturen in Institutionen, wie zum Beispiel in Kindergärten und Schulen. Egal, auf welcher Ebene Adultismus auch stattfindet: Im Grunde geht es immer darum, dass Erwachsene in der Machtposition sind und diese zum Nachteil der betroffenen Kinder und Jugendlichen ausnutzen.

Im zweiten Teil geht es darum, wie Adultismus im Alltag konkret aussehen kann, welche negativen Auswirkungen adultistisches Verhalten auf Kinder und Jugendliche hat und wie alle dazu beitragen können, dass Adultismus verhindert wird.

Hast du das Gefühl von deinen Eltern oder den Erwachsenen in deinem Umfeld nicht ernst genommen zu werden, nur weil du jünger bist als sie? Wirst du von Erwachsenen ungerecht behandelt? Dann melde dich bei „Rat auf Draht“, du kannst mit den Menschen dort über alles reden, was dich belastet. Du kannst sie entweder anrufen oder online mit ihnen schreiben:

Rat auf Draht

Telefonnummer: 147 (einfach 147 in dein Handy eingeben und anrufen)
Online chatten: https://www.rataufdraht.at/

Haben Sie in Ihrer Kindheit Adultismus erfahren und fühlen sich in Ihrem Alltag von den Auswirkungen belastet? Zögern Sie nicht, sich damit Expert*innen anzuvertrauen:

Telefonseelsorge

Telefonnummer: 142
Online chatten: https://www.telefonseelsorge.at/

Literatur:

DRK Landesverband Brandenburg e.V. (2022). Adultismus- Wirkung und Folgen. https://www.drk-brandenburg.de/fileadmin/Bilder_und_Videos/Aktuell/Julia_Kreitschmann_-_Adultismus._Wirkungen_und_Folgen..pdf [abgerufen am 28.09.2023]

Manuela Ritz (2008). Kindsein ist kein Kinderspiel: Adultismus – (un)bekanntes Phänomen. https://amyna.de/amyna-medien/dokumente/prog/Kind-sein_ist_kein_Kinderspiel.pdf [abgerufen am 28.09.2023]

Maren Litterscheidt (2019). Adultismus begegnen. https://plustabong.kleinrot.net/wp-content/uploads/2021/09/Examensarbeit-2019.pdf [abgerufen am 28.09.2023]