Die Geschichte der Kinderrechte in Österreich

von Janine Braunegger

Kinderrechte gehen uns alle an, denn nur, wenn wir über die Rechte der Kinder Bescheid wissen, können wir sie schützen und fördern. Aber welche Rechte haben Kinder und wie sind diese Rechte entstanden? Wir geben einen Einblick, welche Meilensteine Österreich am Weg hin zu einer kindergerechten Gesellschaft bisher zurückgelegt hat und wie es in Zukunft weitergehen könnte.

Das Herzstück der Kinderrechte: Die UN-Kinderrechtskonvention

Der wohl wichtigste Meilenstein für die Kinderrechte insgesamt war am 20. November 1989. Damals haben die Vereinten Nationen (UNO) die UN-Kinderrechtskonvention beschlossen. Seit diesem Zeitpunkt haben alle Kinder dieser Welt grundlegende Rechte auf persönlicher, wirtschaftlicher und kultureller Ebene. Kinder wurden als eigenständige Personen mit eigenen Bedürfnissen und Meinungen anerkannt. Österreich hat die UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1990 unterzeichnet, zwei Jahre später ist sie in Kraft getreten. Der 20. November ist daher auch der internationale Tag der Kinderrechte.

Kinderrechte in Österreich vor der UN-Kinderrechtskonvention: Die Einführung der Unterrichtspflicht

Auch wenn der Beschluss der UN-Kinderrechtskonvention ein monumentales Ereignis auf globaler Ebene war, war er jedoch nicht der erste Schritt in Österreich, hin zu einer kindergerechten Gesellschaft. Ein Meilenstein war bereits im Jahr 1774 mit der Einführung der Unterrichtspflicht unter der Kaiserin Maria Theresia. Dies war ein revolutionäres Ereignis, denn Bildung war zuvor immer nur den Reichen zugänglich, wobei fast ausschließlich den Buben das Lesen, Schreiben und Rechnen beigebracht wurde. Mädchen wurde hingegen beigebracht, wie man den Haushalt führt, also kocht, putzt und näht – sie hatten keinerlei Anspruch auf formelle Bildung. Mit Einführung der Unterrichtspflicht bekamen nicht nur beide Geschlechter Zugang zu Bildung, sondern sie war auch ein wichtiger Schritt hin zum Recht auf Bildung, das Teil der UN-Kinderrechtskonvention ist.

Arbeitsverbot für Kinder

Das 1842 erstmalig beschlossene Arbeitsverbot für Kinder war ein weiterer wichtiger Meilenstein, der zu einer kindergerechten Gesellschaft führen sollte. Zwar waren Kinder und Jugendliche nicht komplett von der Arbeit befreit, jedoch wurden im Laufe des Jahrhunderts die Arbeitsgesetze weiter verschärft. Mit dem Beschluss des Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetzes im Jahr 1948 wurde schließlich der Arbeitsschutz von Kindern und Jugendlichen verankert. Kinderarbeit und Schwerarbeit für Jugendliche sind seither endgültig verboten.

Gewaltverbot in der Erziehung

Im gleichen Jahr, in dem die UN-Kinderrechtskonvention von den Vereinten Nationen beschlossen wurde, wurde in Österreich das Gewaltverbot in der Erziehung erlassen. Somit ist die Anwendung von körperlicher und seelischer Gewalt den Erziehungsberechtigten seit 1989 verboten. Kinder dürfen von Erwachsenen nicht mehr “gezüchtigt” werden.

Aufnahme einiger Rechte der UN-Kinderrechtekonvention in die österreichische Bundesverfassung

Am 20. Jänner 2011 wurden einige Rechte der UN-Kinderrechtskonvention in der österreichischen Verfassung verankert. Auch wenn das ein weiterer positiver Schritt war, so wurden nicht alle Rechte übernommen. Das steht bis heute in der Kritik – so fehlt beispielsweise das in der Kinderrechtskonvention enthaltene Recht auf Gesundheit, Bildung sowie Spiel und Freizeit.

Zukunftsausblick: Kinder haben das Recht auf eine saubere Umwelt

Im Juli 2022 wurde von der UN-Generalversammlung das Recht auf eine gesunde und nachhaltige Umwelt als Menschenrecht anerkannt. Demnach hat jeder Mensch das Recht auf eine sichere, saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt. Wir leben aber bereits jetzt mit den Folgen der Klimakrise und wenn wir nicht sofort handeln, werden vor allem die nachkommenden Generationen unter noch fataleren Auswirkungen leiden. Das Recht auf eine gesunde Umwelt sollte aus diesem Grund nicht nur ein Menschenrecht sein, sondern auch in die UN-Kinderrechtskonvention aufgenommen werden. Denn eine intakte Umwelt ist die Grundlage dafür, die anderen Rechte der Kinder zu wahren und zu leben. Die Klimakrise ist eine Kinderkrise: Kinder und Jugendliche leiden jetzt schon nicht nur unter Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Hitzewellen, sondern auch unter den psychischen Folgen der Klimakrise. Der Klimawandel ist nämlich die größte Sorge bei Kindern und Jugendlichen – sie blicken pessimistisch in die Zukunft und werden in ihrem Alltag von zusätzlichen Ängsten und Sorgen begleitet.

Um die Kinderrechte wirklich zu leben, müssen wir Kindern eine Umwelt hinterlassen, in der das auch möglich ist. Die Kinderrechte enthalten das Recht auf Schutz und Fürsorge der Kinder, aber wie können wir ihnen diesen Schutz gewähren, wenn wir ihnen eine Welt hinterlassen, in der sie nicht leben können? Nicht nur für die Kinder, sondern für jeden von uns ist es wichtig, sich mit den Kinderrechten auseinanderzusetzen. Nur so können wir eine lebenswerte Gegenwart und eine nachhaltige Zukunft erschaffen.

Literatur:

Kleine Zeitung (2022). Österreich: Seit wann gibt es Unterricht für alle Kinder? [abgerufen am 17.08.2023]

Die Presse (2017). Kinderarbeit in Österreich: Verboten und doch gibt es sie noch [abgerufen am 17.08.2023]

gewaltinfo.at. Vom „archaischen Züchtigungsrecht“ zum „absoluten Gewaltverbot“ [abgerufen am 17.08.2023]

Wiener Zeitung (2021). Recht auf intakte Umwelt in die Verfassung [abgerufen am 17.08.2023]

unicef (2022). Wie der Klimawandel Millionen Kinder bedroht [abgerufen am 17.08.2023]

SOS Kinderdorf (2020). Zukunftsangst und Ohnmacht: Sorgen der Kinder und Jugendlichen zum Klimawandel [abgerufen am 17.08.2023]