Hilfe, ich bin Klassensprecher*in!

von Elisa Kahr in Zusammenarbeit mit Letizia Bauer und Kindern des Kinderbeirats

Ab der 5. Schulstufe wird in jeder Klasse ein*e Klassensprecher*in gewählt. Viele Kinder freuen sich darauf, diese Rolle einnehmen zu dürfen. Doch was sind eigentlich die Aufgaben von Klassensprecher*innen? Ist es wirklich so toll, wie es sich anhört?

Genau diese Fragen haben sich die Kinder im Kinderbeirat des Kinderbüros gestellt. Die Kinder L. (11 Jahre) und D. (13 Jahre) aus dem Bezirk Weiz und Murtal haben ähnliche Schwierigkeiten in ihrer Funktion als Klassensprecher*in. Auch Schülerin Lo. (12 Jahre) aus Graz erkennt einige Probleme.

Probleme von Klassensprecher*innen

Die Kinder haben davon erzählt, dass sie oftmals nicht richtig wissen, was ihre Aufgaben sind. Demnach stehen sie dauerhaft im Konfliktfeld zwischen Mitschüler*innen und Lehrer*innen. So wie L erzählt hat: „Man wird sofort für alles verantwortlich gemacht“ und Ich soll die Konflikte lösen in der Klasse. Ich versuche, es möglichst allen rechtzumachen.“ Die Verantwortung der gesamten Klasse wird auf eine einzelne Person übertragen. Auch teils große organisatorische Aufgaben werden einfach auf die Kinder abgewälzt. So meint Lo : “Die Zimmereinteilung in der Sommerwoche wurde mit Hilfe der Klassensprecher*in geregelt . Sie [die Klassensprecher*innen] haben auch die Aufgaben in der Klasse eingeteilt z.B. wer räumt auf, Tafeldienst usw.“ Diese schlechte Regelung der Aufgaben führt sogar dazu, dass L. meint: „Wegen meiner Rolle werde ich hinter meinem Rücken in WhatsApp-Gruppen beleidigt.“ D erzählt: „Ich bin durch meine Klassensprecher-Rolle recht unbeliebt geworden. Ich bin es jetzt schon das zweite Jahr. Ich weiß nicht, ob ich mir das nächstes Jahr nochmal antue. Auf Dauer ist das nicht lustig.“

Das sagt das Schulrecht

Wirft man einen Blick in das Schulunterrichtsgesetz so kann man sich beispielsweise über den richtigen Wahlvorgang und die Rechte der Schüler*innenvertretung informieren. Herauslesen von §58 kann man unter anderem Rechte auf Anhörung, Informationen und Mitsprache bei der Unterrichtsgestaltung. Laut vierten Punkt in §59 sind Klassensprecher*innen für die Vertretung der Interessen und Mitgestaltung des Schullebens zuständig. Das heißt die Klassensprecher*innen sammeln die Anliegen und Interessen der Mitschüler*innen aus der Klasse und tragen diese an die zuständige Person (Klassenvorstand, Schulleitung etc.) weiter, um das Schulleben mitzugestalten. Bleibt es bei dieser Verantwortung so hat auch D. keine Schwierigkeiten: „Die Verbindungen zwischen Kinder und Lehrer oder Schulsozialarbeit herzustellen, das ist kein Problem.“

Klassensprecher*innen brauchen klare Aufgabenregelungen!

Klassensprecher*innen werden mit zu vielen Aufgaben allein gelassen. Problematisch wird es vor allem, wenn der*die Klassensprecher*in zum Sündenbock der ganzen Klasse gemacht wird – und das von Mitschüler*innen und Lehrpersonen. Ein Kind darf nicht für eine gesamte Klasse Verantwortung tragen und soll auch nicht für alle Streitigkeiten der Mitschüler*innen verantwortlich sein. Daher sollen die Aufgaben von Klassensprecher*innen konkret und deutlich bestimmt sein. Die Kinder brauchen einen klaren Rahmen, ansonsten werden sie nur aufgrund ihrer Rolle immer wieder in Streit mit anderen Schüler*innen geraten. Auch L. wäre das sehr wichtig: „Was ist meine Rolle? Das sollte vor der Wahl schon genau geklärt sein!“ Da es im Schulunterrichtsgesetz keine eindeutige Aufgabenregelung gibt, fordern wir Klassenvorstände dazu auf, gemeinsam mit den Kindern die Aufgaben klar und deutlich zu formulieren. Damit werden die Klassensprecher*innen in ihrer Rolle gestärkt und können sich klar davon abgrenzen.

Quellen:

Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG)
StF: BGBl. Nr. 472/1986 (WV)

RIS – Schulunterrichtsgesetz – Bundesrecht konsolidiert, Fassung vom 14.06.2023 (bka.gv.at)