Kinder unterwegs – Ein Kinderwegenetz braucht die Stadt!

Autorinnen: DIin Katja Hausleitner, Mag.a Erika Wilfling-Weberhofer

Mobilitätsräume für Kinder im Stadtraum

Laut der Studie von Martha Muchow über den Lebensraum des Großstadtkindes umfasst der Aktionsraum  von Vorschulkindern 150 Meter, im Alter von 14 Jahren beträgt dieser durchschnittlich elf  Kilometer. Streifräume — das sind Entdeckungsräume auf nicht definierten Wegen von Kindern zum Beispiel auf ihrem Nachhauseweg von der Schule — sind  für  Kinder  wichtig, da sie in diesen  Räumen  selbst  die Welt entdecken und erforschen und dabei wichtige Fähigkeiten für das räumliche Vorstellungsvermögen erwerben.

Gehen die Streifräume für Kinder verloren, kommt es zu einer Verinselung ihrer Räume. Die Verinselung der Freizeiträume von Kindern führt dazu, dass Kinder weniger am öffentlichen Leben  teilnehmen, in ihrer Kommunikation mit anderen eingeschränkt werden und keine ungeplanten Kontakte in der Stadt erleben. Stattdessen werden sie mit dem Auto von einem Ort zum anderen gebracht und treffen eher auf eine geplante Gruppe von Menschen. Durch die sinkende Bewegungsaktivität sammeln Mädchen und Buben weniger Erfahrung mit Gefahrensituationen im Straßenverkehr und sind damit unsicherer und unfallgefährdeter.

Ein kindergerechtes Wegenetz wirkt der Verinselung einzelner Orte entgegen und fördert die selbstständige Bewegung von Kindern sowie das freie Spiel in ihren Streifräumen. Dafür ist es notwendig, ein Netz aus verkehrsberuhigten Zonen, Gehwegen und sicheren Hauptverkehrsstraßen aufzubauen, das die wichtigsten Orte für Kinder in der Stadt (Wohnraum, Schule, Nahversorgung, Freizeiträume, Grünraum) verbindet.

Das Ziel eines Kinderwegenetzes ist es, dass sich die Frequenz der Kinder, die selbständig im Straßenraum unterwegs sind, wieder nachhaltig erhöht. Somit fällt es Eltern wieder leichter, es zuzulassen, dass ihre Kinder selbständig im städtischen Wegenetz unterwegs sind.

 

FOKUS: Barrierefreies Kinderwegenetz

Kinder, die auf ein barrierefreies Kinderwegenetz angewiesen sind, haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen und müssen sich oft mit einem sehr kleinen Bewegungsradius zufrieden geben. Dadurch werden Alltagswege, die für viele Kinder gelebter Alltag sind, unmöglich. In  der  Folge gehen für Kinder z.B. im Rollstuhl ein wichtige Lern, Kontakt-und Erfahrungsräume in der Entwicklung verloren.

Planung, Umsetzung und Nutzung spielen gemeinsam eine große Rolle, um den Bewegungsradius für diese Kinder so groß wie möglich zu gestalten:

 

Planung

Kinder mit einer Bewegungs- und/oder Sinneseinschränkung benötigen ein funktionierendes Leitsystem als Unterstützung. Dieses stärkt sie immens für ein selbstständiges Vorankommen, ohne dieses sind sie auf Betreuungspersonen angewiesen. Ein Abbau von Barrieren durch bauliche Maßnahmen ist dabei unumgänglich.

 

Umsetzung

Geplante Maßnahmen dürfen im Rahmen der Umsetzung  nicht verloren gehen. Auch bei Umbauten bzw. kurz-/mittelfristigen Störungen wie z.B. Baustellen müssen die Maßnahmen ohne Abstriche wieder hergestellt werden.In diesem Zusammenhang ist eine kontinuierliche Sensibilisierung der Beteiligten im Straßenbau erforderlich/sinnvoll.

 

Nutzung

Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass Kinder mit einer Bewegungs- und/oder Sinneseinschränkung die Nutzung trainieren müssen, um sich die notwendigen Fertigkeiten für die selbständige Nutzung anzueignen. Für alle Mitmenschen braucht es zudem eine Sensibilisierung, dass eine Störung des Wegesystems sowie seiner Ausstattung für die betroffenen Menschen große Auswirkungen hat und eine Nutzung stark einschränkt bzw. unmöglich macht.

 

Nur wenn Planung, Umsetzung und Nutzung im Sinne dieses Wegenetzes ablaufen, kann man von einem funktionierenden barrierefreien Kinderwegenetz sprechen. Die Verantwortung dafür liegt bei allen Beteiligten.

 

Neugierig geworden? Unsere beiden Expertinnen sind zum Thema auf der FußgängerInnen-Fachkonferenz 2018 vertreten. Im Rahmen der Walk Space 2018 soll das Thema „Kinderwegenetz“ vor allem in Hinblick auf den Aspekt der Barrierefreiheit beleuchtet werden, Einblick in den Mobilitäts-Alltag von Kindern gegeben werden, die im Rollstuhl sitzen, und wichtige Punkte aufgezeigt werden, die zukünftig in der Planung und Gestaltung von Mobilitätsräumen berücksichtigt werden sollen.  Infos unter Kinderbüro goes FußgängerInnen-Fachkonferenz