4 Kinder, die an einer Wand stehen und auf Handys schauen

Sollen Schulen den Umgang mit dem Handy autonom entscheiden?

von Mag.a Denise Schiffrer-Barac, Kinder- und Jugendanwältin Steiermark

Handys bilden heute das Kommunikationsmittel – von Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen und einem Großteil der Gesellschaft insgesamt. Ein Handy erfüllt überdies vielfache Funktionen und ist aus unserem Leben kaum mehr wegzudenken. Dies gilt besonders für Kinder und Jugendliche, deren reale und virtuelle Lebenswelten oft ineinandergreifen. Das Handy wirkt sich damit auf die unterschiedlichsten Lebensbereiche von Kindern und Jugendlichen aus und kann die Entwicklung junger Menschen massiv beeinflussen – positiv wie negativ. Gerade die Kommunikation, der Austausch und das Leben von Beziehungen in der Peer Group sowie die gesellschaftliche Teilhabe erfolgen heute vielfach über Smartphones.

Schüler*innen, die in einer Reihe sitzen und auf Handys schauen

Umgang mit Handys herausfordernd für alle

Der Umgang mit dem Handy bildet nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene teilweise spezielle Herausforderungen, da Smartphones viele Möglichkeiten und Vorteile, aber auch Gefahren und Nachteile mit sich bringen. Ein sicherer und adäquater Umgang ist dabei wesentlich, um sich selbst oder andere nicht in Gefahr zu bringen oder einen Schaden zu verursachen.

Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer Reife und Entwicklung auf die erforderliche Anleitung, Begleitung und den nötigen Schutz durch Erwachsene angewiesen. Dieser Anspruch ergibt sich bereits aus der Obsorge und dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Kinderrecht auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf Wahrung des Kindeswohls.

Vor diesem Hintergrund ist die Reglementierung der Handynutzung grundsätzlich zu thematisieren und steht fest, dass passende Rahmenbedingungen und eine kindgerechte Anleitung für den sicheren Umgang mit Handys – privat wie in der Schule – zu gewährleisten sind. Dies obliegt den Erziehungsberechtigten und sonstigen Personen, die für die Erziehung eines Kindes verantwortlich sind.

Unterschiedliche Ansätze an Schulen

Im Kontext Schule sind daher Regelungen für den Umgang mit Handys zu befürworten und wichtig. Es ist völlig selbstverständlich, dass es klare und für alle verbindliche Regeln und Normen geben muss, um den Unterricht und das gelingende Miteinander möglichst störungsfrei und gut umsetzen zu können. Grundlegende Vorgaben resultieren bereits aus den Schulgesetzen und der Aufsichtspflicht, wonach Kinder das Arbeitsklima und das soziale Miteinander zu fördern haben und Störungen oder Schädigungen zu unterlassen und Kinder zu schützen sind.

Junge sitzt im Klassenzimmer und schaut auf ein Handy

Viele Schulen haben sich dieses Themas in der Praxis schon angenommen und durch verbindliche Regelungen in der Haus- bzw. Schulordnung oder konkreter durch Klassenregeln Vorgaben im Schulalltag geschaffen – von sogenannten Handy-Garagen bis zu verschlossener Verwahrung im Spind. Wichtig ist ein breites Commitment, dass es Umgangsformen, Grenzen und adäquates Benehmen in der analogen wie digitalen Welt geben muss. Dafür gibt es bereits eine breite Akzeptanz, sowohl bei Kindern als auch Eltern. Eine einheitliche Regelung anhand von Best Practice-Beispielen wäre für alle Schulen in der Steiermark ein sinnvoller Ansatz.

Einen Kernaspekt bildet die Kommunikation beziehungsweise die Kommunikationsfähigkeit junger Menschen. Kinder und Jugendliche haben im Zuge ihrer Entwicklung die nötigen Fähigkeiten der Kommunikation zu erlernen, sind vor Gefahren (des Internets) und vor Gewalt zu schützen und so anzuleiten, dass sie später als Erwachsene eigenverantwortlich handeln können. Für ein gelingendes Aufwachsen braucht es digitale Kompetenz und das Wissen, wie mit einem Handy umzugehen ist. Dieses Wissen und die nötigen Kompetenzen werden durch ein generelles Verbot – das nur bis zu einem gewissen Alter gelten kann – nur noch verkleinert.

Foto vom einem Smartphone auf gelbem Grund, wo ein Verbotszeichen aufscheint

Aus kinderrechtlicher Sicht braucht es im Sinne des Kinderschutzes, des Kindeswohls und des Rechts auf Partizipation breit akzeptierte Regeln und Gebote, wie mit Smartphones und digitalen Medien umzugehen ist. Verbote produzieren sehr oft Widerstand und erhöhen den Anreiz, diese zu umgehen. Ob Verbote die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit stärken würden, wird kritisch gesehen. Zudem würde es im Falle radikaler Verbote von Handys an Schulen vermutlich zu sehr intensiver Handy-/Internetnutzung nach der Schule kommen.

Juristisches Handyverbot in der Praxis schwierig

Ein generelles Handyverbot scheint überdies juristisch schwer umsetzbar, insbesondere auf landesgesetzlicher Ebene. Zudem würden verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte wie jenes auf Eigentum oder auf Kommunikationsfreiheit massiv eingeschränkt und ist fraglich, inwiefern dies zulässig wäre. Verbote als einzige Maßnahme zum Schutz von Kindern und Jugendlichen anzuordnen ist aus kinderrechtlicher Sicht grundsätzlich bedenklich, da Normen dann eingehalten werden, wenn es eine wirksame Konsequenz auf Verstöße gibt oder, wenn Menschen eine Regelung für sinnvoll halten.

Da die Umsetzung und die Durchsetzung eines Handyverbotes, das gesetzlich angeordnet wäre, als schwierig und wenig nachhaltig eingeschätzt werden, ist der partizipative Ansatz zu befürworten, wonach ein breites Commitment anzustreben ist, um als Schule, Eltern und Kinder gemeinsam die konkreten Regeln für den Umgang mit Handys festzulegen. Grundlage dieser konkreten Regelungen sollte idealerweise ein bundesweiter Rahmen sein, um Kindern in allen Bundesländern und in den verschiedenen Schulen eine weitgehend gleichberechtigte Nutzung des Handys zu ermöglichen und ihnen im Kontakt mit Peers oder im außerschulischen Freundeskreis nicht unnötig im Wege zu stehen.