
Warum es beim Streit ums Handy an Schulen eine Regel von ganz oben braucht
von Veronika Reiter, Mama und Mitarbeiterin Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14
Was macht Ferien für Kinder so schön? Zeit für Hobbys, Freunde treffen, keine Schule, viel Zeit mit den Eltern verbringen und natürlich auch die wunderbaren Ausnahmen: Spät schlafen gehen – kein Problem! An einem Mittwochabend noch einen Film schauen – warum nicht? Noch mehr Handyzeit? – Puhh! Kinder greifen in der Früh schon mal gern zum Handy, checken ihre Nachrichten, spielen eine Runde Brawl Stars oder scrollen durch Reels. Was als Ausnahme beginnt, katapultiert die Handyzeit in die Höhe und man sehnt sich als Eltern nach dem regulären Schulalltag.
„Ferienzeit ist auch Handyzeit.“ (Veronika Reiter, Mama und Kinderbüro-Mitarbeiterin)
Meistens klagen wir Eltern schon während des Schuljahrs über das zweite digitale Leben unserer Kinder in den eigenen vier Wänden und mühen uns mit mehr oder weniger sinnvollen Regeln ab. Die Handynutzung wird reglementiert, vereinbart, wieder reglementiert und wieder neu vereinbart. Die Überforderung von beiden Seiten ist latent da. Man bemüht sich um handyfreie Zeiten und sinnvolle Vereinbarungen, tauscht sich mit anderen Eltern aus, recherchiert, freut sich über Erfolge und sucht bei Misserfolgen nach Lösungen. Dabei stößt man unweigerlich auch auf das Thema Handyverbot an Schulen und erkennt: Auch hier gibt es viele Diskussionen, viele Meinungen aber keine klare Linie.
„Handys müssen raus aus der Schule.” (Lukas Wagner, Medienpädagoge)
Fragt man den Medienpädagogen Lukas Wagner, dann spricht er sich explizit gegen ein Handy in Schulen aus. Warum? Weil das Ablenkungspotenzial von diesen kleinen Supercomputern so groß ist, dass unsere Kinder, auch wenn die Handys in der Schultasche sein müssten, darauf fixiert sind. Das Dopaminsystem sorgt dafür, denn es „belohnt” uns bereits, wenn wir nur an das Handy denken. Würden die Handys vor Schulbeginn einfach für alle(!) klar weggesperrt werden, dann könnten wir alle gemeinsam dieses perfide Belohnungssystem austricksen.

Die Lehrer provozieren mit ihren komischen Regeln in der Schule ja, dass man im Unterricht aufs Handy schaut. (Niki, 12 Jahre)
In sehr vielen Schulen ist es zur Zeit so, dass die Kinder die Handys ausgeschaltet in den Schultaschen verstauen sollen und erst nach der letzten Schulstunde wieder einschalten dürfen. Das Dopaminsystem jubelt bei so einer Regelung, denn wenn einmal eine Lehrperson nicht gut aufpasst, ist der Reiz sehr groß, einen kurzen Blick aufs Display zu riskieren. Im Hintergrund sinkt die Konzentration unserer Kinder rapide, auch wenn es nur wenige Sekunden waren.
Der Direktor traut sich keine Regeln durchzusetzen, weil es die Eltern nicht wollen. Und wer haftet für die teuren Geräte? (Eva, Lehrerin)
Die Verantwortung an Lehrkräfte und/oder Direktor*innen bezüglich Handyregeln abzugeben, mag vielleicht auf den ersten Blick politisch sinnvoll sein, da die Schulautonomie ein wesentlicher Bestandteil unseres Bildungssystems ist. Der zweite Blick, jener, der sich mit dem Suchtpotential von sozialen Medien auseinandersetzt und weiß, wie sehr das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit, Schüler*innen unter Druck setzt und dauerhaft vom Unterricht ablenkt, dieser Blick macht deutlich, wie sehr eine Regelung seitens des Bildungsministeriums notwendig wäre.
„In Volksschulen sollte man keine Handys haben, weil man wird danach eh schnell genug ‚verstrahlt‘.“ (Luzia, 14 Jahre)
Eine Regelung von ganz oben würde Direktor*innen entlasten, die oft den Konflikt mit Eltern scheuen, die es einfach zu gewohnt sind, dass ihre Kinder IMMER erreichbar sind. Lehrer*innen würde sie das Gefühl der Machtlosigkeit beim Thema Handynutzung im Unterricht nehmen und für Schüler*innen würde es schlichtweg eine Erleichterung bedeuten, denn eine klare Regelung eröffnet ihnen die Möglichkeit, sich einfach auf den Schulalltag zu konzentrieren.
Quellen:
- OECD-Studie: Plädoyer für den bedachten Einsatz von Handys im Unterricht. lehrer-news.de, 14.5.2024
- Experte appelliert: „Handys müssen raus aus den Schulen“. Kleine Zeitung, 25.5.2024
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Themenschwerpunkts „Handyverbot an Schulen“ im Oktober 2024. Im Zuge dessen legen unterschiedliche Personen, die sich mit dem Thema auseinandersetzen, ihre Sichtweise zum Thema dar.