30 Jahre RAINBOWS – für Kinder in stürmischen Zeiten

Liebe Dagmar, herzliche Gratulation zu eurem 30-jährigen Jubiläum! Welchen Einblick kannst du uns in die Entstehungsgeschichte von RAINBOWS in Österreich geben?

Die Wurzeln von RAINBOWS Österreich liegen in Graz beim Projekt Alleinerziehende der Diözese Graz-Seckau. Ich finde es bewundernswert, dass damals Anfang der 1990er Jahre diese Frauen den Fokus auch auf die Kinder gelegt und ihnen Unterstützung und Begleitung angeboten haben, obwohl Kinder zu jener Zeit nach einer Trennung oder Scheidung in der Gesellschaft noch überhaupt nicht im Blickfeld gestanden sind.

Die Idee stammt ja ursprünglich aus Amerika. Der Jesuitenpater Rudi Kutschera hat bei seinem Studium in Chicago die geschiedene Suzy Yehl, Mutter von drei Kindern, kennengelernt, die 1983 als Gründerin der ersten RAINBOWS-Gruppen Kindern die Möglichkeit gegeben hat, sich nach einer schmerzhaft erlebten Trennung der Eltern und bei Trauererlebnissen in Selbsthilfegruppen auszutauschen. Rudi Kutschera – selbst ein Scheidungskind – hat sich sodann mit seiner eigenen Geschichte auseinandergesetzt und ist von der Idee getragen gewesen, dass auch in Österreich diese Hilfestellung für Kinder gebraucht wird. Er ist damals auf die vorhin erwähnten Frauen in Graz gestoßen, die mit Mut und Weitblick diese RAINBOWS-Idee im Herbst 1991 mit 16 Kindern begonnen haben, Bewegendes für die Familien umzusetzen.

Das amerikanische Konzept ist unter der Leitung der „Österreichischen Plattform für Alleinerziehende“ für österreichische Verhältnisse adaptiert und mittlerweile schon einige Male überarbeitet worden, da sich die Entwicklungspsychologie weiterentwickelt hat, sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändert haben und wir diese Erkenntnisse in unsere Arbeit miteinfließen haben lassen.

RAINBOWS ist ursprünglich bei den Organisationen Alleinerziehender der Diözesen in ganz Österreich beheimatet gewesen. Durch das rasche Wachstum ist 1996 der selbständige Bundesverein RAINBOWS gegründet worden.

Welche Angebote für Kinder und Jugendliche sowie Eltern gibt es?

Es gibt RAINBOWS-Gruppen für Kinder und Jugendliche, die von Trennung oder Scheidung ihrer Eltern betroffen sind und die dabei unterstützt werden, mit der neuen Familiensituation besser umgehen zu können und es gibt Einzelbegleitungen. Bei der RAINBOWS-Trauerbegleitung gibt es verschiedene unterstützende Angebote für Kinder und Jugendliche sowie auch für die Eltern. Für Kinder gibt es auch die Möglichkeit, an RAINBOWS-Tagescamps in den Ferien teilzunehmen.

Was sind eure Ziele?

Wir bieten Hilfe in der Begleitung nach Trennungs- und Verlusterlebnissen bei Kindern und Jugendlichen in einem sicheren und geschützten Rahmen an. Unter einfühlsamer und professioneller pädagogischer Betreuung können sie alleine oder in Gruppen Gleichaltriger über alle ihre Gefühle und Erfahrungen sprechen. Sie können ihrer Trauer, ihrer Wut, ihrer Unsicherheit, ihrer Hilflosigkeit, ihren Ängsten, ihren Schuldgefühlen, ihren Kränkungen … Raum geben und ihre seelische Widerstandskraft stärken und positive Zukunftsperspektiven entwickeln.

Ebenso gibt es verständnisvolle, respektvolle Unterstützung für Eltern in Trennungs- und Scheidungssituationen sowie nach Todesfällen in der Familie, die wir versuchen zu stärken.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, uns schnell überflüssig zu machen, indem wir die Familien und die Kinder befähigen, ihre Ressourcen freizulegen, sodass sie „gut“ ohne uns können. Es ist zudem auch so, dass Eltern in Coachinggesprächen mit einem speziellen Anliegen an uns herantreten und wir versuchen, in diesem Gespräch hilfreich zu sein und entspannend auf die Gesamtsituation einzuwirken. Hier können wir beratend zur Seite stehen, den Blick der Eltern weiten und so die Kinder in ihrem Netz unterstützen.

Fotos © Stefan Janisch 2021

Wie sieht eure Arbeit aus? Auf welche Aspekte legt ihr in eurer Arbeit wert?

Die wichtigen Säulen und die zentralen Elemente in unserer Arbeit sind die Gefühlsarbeit und die Ressourcenarbeit, ganz egal, ob es ein Trennungsfall oder ein Trauerfall ist.

Welche Gefühle gibt es überhaupt? Wie spüre ich sie? Wie kann ich sie ausdrücken? Es gibt keine Bewertung der Gefühle, sie gehören einfach zu uns, sie sind ein Teil von uns. Wir müssen aber diese Gefühle irgendwie ausdrücken können, damit wir weitergehen können, wenn eine schwierige Situation kommt. Den Fokus auf die Stärken der Kinder zu lenken, ihre eigenen Ressourcen aufzuspüren, die sie ohnehin schon in sich tragen, ist unser zentrales Anliegen.

Siehst du bei den Kindern einen Unterschied in Bezug auf einen Trennungs- oder Todesfall in der Bearbeitung des Ereignisses und bei ihren Gefühlen?

Die Kinder haben eine Gefühlspalette unterschiedlichster Ausprägung, abhängig von ihrer Persönlichkeit und von den speziellen Ereignissen und Parametern. Es ist sehr ähnlich, obwohl das Vergleichen immer schlecht ist. In unseren Anfangsphasen waren Trennungs- und Scheidungskinder in denselben Gruppen mit Kindern, deren Eltern gestorben sind. Das ist fachlich jetzt natürlich nicht mehr gerechtfertigt, aber es war damals in der Kleinheit und im Aufbau einfach so. Bei einem Todesfall gibt es einen Schlusspunkt, aber bei einer Trennung nicht, da die Eltern ja noch da sind und die Kinder Mama und Papa ja weiterhin sehen.

Wie laufen eure Gruppen-Settings ab?

Die RAINBOWS-Gruppe umfasst zwölf Treffen und Themen, die aufeinander aufbauen. Sie trifft sich eineinhalb Stunden pro Woche und wird von immer derselben/demselben Gruppenleiter*in begleitet. Diese stabile Gruppe besteht aus circa vier Kindern. Um die Homogenität zu gewährleisten, sollten die Kinder möglichst gleichaltrig sein und der Altersunterschied maximal zwei bis drei Jahre betragen. Geschwisterkinder versuchen wir nach Möglichkeit immer in verschiedene Gruppen zu geben, weil es unter Geschwistern eine gewisse Dynamik gibt. Sie können sich gegenseitig bei ihren Themen hemmen oder etwas für das Geschwisterkind übernehmen. Bei unterschiedlichen Gruppen können Geschwisterkinder ganz für sich sein und dürfen nur auf sich achten.

Anfangs wird mit den Kindern mit aufbauenden Themen wie Gefühlen und Ressourcen gearbeitet, dann geht es über in das Systemische in der Familie. Was hat sich in der Familie verändert? Wer ist dazu- oder weggekommen? Wie schaut der Alltag aus? Das ist eine abgeschlossene runde Sache mit der Gestaltung eines positiven Abschiedes für die Kinder. Die Kinder haben in der Familie Abschiede erlebt, in der RAINBOWS-Gruppe gibt es jetzt auch wieder einen Abschied, der eben positiv erlebt werden kann.

Der Gruppenstart ist vorwiegend in den Schulsemestern, wir fangen meistens im März/April und im Oktober/November an, sodass dann die Gruppe zu Semester- oder Schulschluss abgeschlossen werden kann.

Wenn Eltern ihr Kind im Mai/Juni anmelden, kann es sein, dass die Gruppe erst im Herbst startet und das Kind so lange warten muss. Es ist oft so, dass Eltern sich erst dann melden, wenn der Leidensdruck schon sehr groß ist. Kinder, die dann schon sehr belastet sind, weil sie Loyalitätskonflikte erleben, können auch vor dem Gruppenstart als Überbrückung ein paar Mal zu uns kommen. So können sie in der momentanen Situation gestärkt und entlastet werden.

Das Ziel ist immer, dass die Kinder die Gruppe besuchen, weil das Gruppensetting den Kindern viel bietet. Sie sehen, dass andere Kinder eine ähnliche Situation erleben und sie können sich mit den anderen Kindern austauschen. Das Entlastende, weil es anderen ähnlich geht und der tröstende Aspekt dabei, macht die Gruppe so wertvoll. Wenn Kinder allein zu uns kommen, kann es sein, dass das Kind glaubt, dass etwas mit ihm nicht passt. Das stimmt aber nie, denn mit dem Kind passt immer alles. Es ist gut und gesund sowie wichtig, wenn das Kind bei Trennungen, Scheidungen und Verlusten reagiert, auch wenn es dadurch für die Eltern anstrengend ist.

Wie sieht eure Einzelbegleitung aus?

Bei der Einzelbegleitung haben wir ein paar Säulen, aber es ist sehr individuell. Es gibt Elterngespräche, um zu wissen, worum es geht. Was auch immer auf der Paarebene passiert sein mag, der Blick wird wieder auf die Elternebene gerichtet und die Eltern werden gestärkt. Dadurch wird schon oft eine Entspannung erreicht. Wir arbeiten dann zwei- bis dreimal mit dem Kind, um eine Stärkung bei ihm herbeizuführen und es dann an einer Gruppe teilnehmen kann.

Welche Kosten fallen für die Eltern an?

Die Kosten für die Teilnahme eines Kindes an einer Gruppe mit den zwölf Treffen und drei Gesprächen mit den Eltern betragen 320 Euro. Wir haben ein Ermäßigungssystem angelehnt an die Armutsgefährdungsschwelle der EU, um die Einkommenssituation der Eltern berücksichtigen zu können. Wenn eine Armutsgefährdung besteht, dann ist nur ein Compliance-Beitrag von 54 Euro zu bezahlen. Besonders für Alleinerziehende mit vielleicht mehreren Kindern dürfen die Kosten kein Hindernis sein, da es für uns sehr wichtig ist, dass zu RAINBOWS alle Kinder kommen können.

Wie finanziert sich RAINBOWS?

Wir bekommen Förderungen von der Stadt, vom Land und vom Bund. Die Elternbeiträge und Spenden sind die weiteren Pfeiler. Die finanzielle Situation ist wie bei allen NGOs eher schwierig und von Jahr zu Jahr wird es auch schwieriger. Quartalsmäßig gibt es ein Controlling, um immer zu wissen, wie sich die finanzielle Situation entwickelt. Da hat es in manchen Jahren schon Einschnitte gegeben. Mitarbeiter*innenstunden haben zum Beispiel reduziert werden müssen, weil sich Einnahmen und Ausgaben auseinanderentwickelt haben. Der Posten Personalkosten ist die einzige Schraube, an der gedreht werden kann, da die Sachkosten minimal sind.

2021 hat sich der Arzneimittelverband den „Spendenguide für Unternehmen“, der vom Fundraising Verband Austria herausgegeben wird, angesehen und ihre großzügige Weihnachtsspende von 15.000 Euro RAINBOWS gegeben. Das gibt es glücklicherweise punktuell, aber ansonsten ist es sehr schwierig, Spenden zu lukrieren. Durch Corona ist das noch schwieriger und eine Erhöhung des Spendenvolumens ist nicht steuerbar.

Auch unsere Themen öffnen nicht so sehr die Herzen und Brieftaschen. Beim Thema Trennung/Scheidung hört man oft, dass die Eltern als Schuldige die Situation bereinigen und für die Unterstützung ihrer Kinder bezahlen sollen und beim Thema Tod schauen die Menschen weg, weil sie sich damit nicht wirklich beschäftigen und auseinandersetzen wollen. Das Arbeiten mit potentiellen Spender*innen, Verständnis für schwierige Lebenssituationen von Eltern und Kindern zu wecken, ist nicht immer ganz einfach und man weiß nie, ob wir mit unseren Bemühungen Erfolg haben werden. Unsere Aufgabe ist es, den Menschen, denen es gut geht und die eigentlich im Überfluss leben, zu verdeutlichen, dass sie ihre Situation nicht auf andere umlegen können. Diese haben völlig andere Möglichkeiten, wenn sie sich nicht damit auseinandersetzen müssen, was zu tun ist, wenn zum Beispiel die Waschmaschine kaputt wird. Eine Veränderung herbeizuführen, ist bei eingeschränkten Möglichkeiten ungleich schwerer, wenn man seine ganze Energie darauf richten muss, ob man seine Stromrechnung bezahlen kann. Durch verschiedene Ereignisse ist niemand davor gefeit, selbst in eine Abwärtsspirale zu kommen. Da geht es nicht um Schuld oder Eigenverantwortung. Aber es gibt auch viele Menschen, die zu unseren Themen eine Affinität haben und die das Verständnis für schwierige Lebenssituationen anderer Personen aufbringen.


Wir sollten circa ein Drittel der Finanzen über Spenden hereinbringen. Die anderen beiden Drittel sind die Förderungen und die Eigenerwirtschaftung im Sinne der Teilnahmebeiträge. Bei Ermäßigungen für die Eltern muss der Differenzbetrag auch aufgestellt werden und den versuchen wir über Spenden zu bekommen. So gibt es zum Beispiel auch zweckgewidmete Spenden, bei denen Menschen Patenschaften für Kinder übernehmen.

Welches Feedback bekommt ihr von den Kindern und von den Eltern?

Die Kinder kommen total gern und jetzt in Coronazeiten noch lieber, da die Kinder unglaublich dankbar sind, dass die RAINBOWS-Gruppen oder die Begleitungen stattfinden können. Durch die anderen reduzierten sozialen Kontakte ist RAINBOWS ein Fixpunkt, wo die Kinder ihren Platz und ihren Raum einnehmen können.

Grundsätzlich melden die Kinder zurück, dass es ihnen Spaß macht, dass es lustig ist, dass es ihnen hilft und dass sie zum Teil auch die Gruppentreffen anderen Freizeitaktivitäten vorziehen.

Beim ersten Treffen sind die Kinder beim Ankommen natürlich verhalten und angespannt, weil sie nicht wissen, was auf sie zukommt, wer die anderen Kinder sind, wie die Begleiterin ist und warum sie da überhaupt hingehen sollen. Am Ende der ersten Einheit kommen lachende herumspringende Kinder aus dem Gruppenraum. Die Eltern melden oft rück, wie sehr die Kinder gestärkt sind und wie nachhaltig die Begleitung ist.
Eine inzwischen erwachsene Teilnehmerin berichtet davon, dass sie gar nicht gewusst hat, was eigentlich genau passiert ist, weil die Treffen so spielerisch und kreativ gestaltet worden sind. Sie hat sich so viel mitgenommen und es ist für sie so hilfreich gewesen, dass sie selbst eine Ausbildung zur RAINBOWS-Begleiterin gemacht hat und nun eine Kollegin ist. Das ist sehr schön, den Bogen vom Kind bis zur Kollegin zu sehen und dass sie ihre Erfahrung an Kinder weitergeben möchte.

Es ist mit dieser Niederschwelligkeit ein differenziertes und sicher gut basiertes sowie wirkendes Konzept mit einem pädagogischen – keinem therapeutischen – Ansatz mit bestens qualifizierten Mitarbeiter*innen, die viel Engagement und Herz für die Kindern aufbringen. Die kreative spielerische Arbeit ist unglaublich effizient und sie wirkt. Die Arbeit bezieht sich auf alle Ebenen, wo alle Sinne und der Körper miteinbezogen werden. Das setzt sich dann im Körper und die Kinder können das Erlebte wieder abrufen. Es wird aber auch darauf geschaut, dass Kinder Dinge in Worte fassen können, um das Kognitive mit hineinzunehmen.

Die RAINBOWS-Gruppen und die Einzelbegleitungen tun in jedem Fall Kindern immer gut. Aber wenn die Eltern ihre Rosenkriege über eine lange Zeit fortführen, ihre Wertebasis verlassen, in ihrer Konfliktspirale drinnen und verhärtet sind, um sich selbst und andere in den Abgrund zu begeben, dann wird das Kind langfristig ein Problem haben, auch wenn es bei RAINBOWS gewesen ist. Die Eltern geben in diesen Fällen den Kindern keine Werte mit und das macht dann etwas mit den Kindern, sodass sie sich möglicherweise Peers anschließen, die Rechtsradikalität oder massive religiöse Ausformungen aufweisen. Das schadet den Kindern wirklich. Aber ansonsten kann man bei den Eltern schon ansetzen und versuchen, ihren Blick auf das Kind zu lenken, den sie manchmal verlieren. Das ist aber in solchen Situationen verständlich, weil die Eltern sehr mit sich selbst beschäftigt sind.

Generell bekommen wir österreichweit die Rückmeldungen, dass die Menschen so viel Positives über uns hören. Das ist für uns alle etwas total Schönes und Motivierendes. Da sehen wir, dass sich die Arbeit lohnt und auf fruchtbaren Boden fällt. Wir versuchen, den Kindern Empathiefähigkeit zu vermitteln, indem sie ihre eigenen Gefühle wahrnehmen und sich dadurch auch in andere Menschen hineinversetzen können. Von diesem Wert profitiert dann die ganze Gesellschaft.

Fotos © Stefan Janisch 2021

Seht ihr bei RAINBOWS derzeit Veränderungen wegen der Coronapandemie? Wo müsst ihr jetzt vermehrt hinschauen?

Ja, durch Corona haben sich schon Dinge verändert oder es wird manches deutlicher, das vorher noch nicht so stark zu sehen gewesen ist.

Wir haben bei der RAINBOWS-Gruppe ganz klar die Bedingung, dass die Eltern einige Monate räumlich getrennt sein müssen, bevor die Kinder in die Gruppen kommen. Es geht darum, dass die Kinder diesen neuen Alltag – wie auch immer er sich nach der Trennung gestalten möge – schon ein bisschen gelebt haben und schon zu etwas wie Normalität und Routine geworden ist, um sich dann bei RAINBOWS emotional mit dem Thema auseinandersetzen zu können. Wenn alles in Veränderung ist, dann ist ja keine Energie da, um sich zusätzlich zu konzentrieren und sich mit dem Thema zu beschäftigen. Seit Corona ist es jetzt so, dass sich vermehrt Eltern an uns wenden, die uns sagen, dass sie sich getrennt haben und ganz klar die Entscheidung für eine Trennung oder Scheidung getroffen haben. Aufgrund der unsicheren Arbeitsplatzsituation müssen sie aber in einer Wohnung zusammenbleiben, da ganz einfach das Geld für zwei Wohnungen nicht da ist. Das ist natürlich eine schwer aushaltbare Situation für Eltern, die sich getrennt haben, sich trotzdem jeden Tag sehen und so in ihrer beider Leben so präsent sind. Man muss sich dann aber erst einmal vorstellen, wie es dem Kind in dieser Situation geht. Auch wenn das Kind weiß, dass sich die Eltern getrennt haben, aber ein Elternteil noch in der Wohnung bleibt, ist das Kind mitten drinnen und spürt die Spannungen, die ja gerade zur Anfangszeit einer Trennung oft auch zu Abwertungen des Partners/der Partnerin führen. Diese Abwertungen geschehen oft auch deswegen, weil die Trennungen ansonsten sehr schwerfallen. Es gibt ja einen Grund und so kann man sich durch Abwertungen diesen Grund immer wieder vor Augen halten.

Ich merke, wie ich da Beklemmungen bekomme, wenn ich mich in diese kindliche Perspektive hineinversetze und genau da müssen wir schauen, wie wir die Kinder da begleiten können. Diese Kinder wird man nicht in eine Gruppe geben können, sondern man wird sie einzeln begleiten, bis die Eltern sich auch räumlich trennen und für die Kinder eine RAINBOWS-Gruppe angezeigt ist.

Dieses Auftreten ist seit Corona gehäuft und haben wir vorher eigentlich nicht so gehabt. Die Kinder kommen in eine RAINBOWS-Gruppe zum Teil ja auch noch drei Jahre und später nach einer Trennung. Da gibt es dann neue Familien mit Halbgeschwistern, mit Stiefgeschwistern – wie auch immer – und dann kommt bei den Kindern die Trennungssituation wieder zum Vorschein und dann passt es gut, dass sie zu RAINBOWS kommen. Es ist oft zeitverzögert, dass Kinder zu uns kommen und deswegen passen Kinder, bei denen die Eltern noch zusammenleben, aber die Trennung gedanklich und emotional schon vollzogen ist, nicht in Gruppensettings. Da müssen wir genau hinschauen, dass wir diese Kinder gut in der Einzelbegleitung auffangen können.

Wie schauen eure personellen Kapazitäten aus?

Das ist immer wieder eine Herausforderung, dass die Nachfrage immer ident mit den Personalressourcen ist. Aber es geht sich immer wieder aus!

Wie ist dein Weg zu RAINBOWS gewesen?

Ich selbst bin seit 21 Jahren dabei. Eine Freundin hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass die österreichweite Stelle der Geschäftsführung ausgeschrieben ist. Nachdem ich zu jener Zeit in beruflicher Umorientierung gewesen bin, mich die Stelle sehr interessiert hat, habe ich mich beworben und bin genommen worden. Für mich ist diese Arbeit ein Glückstreffer, da ich unterschiedlichste Aufgaben – von der Öffentlichkeitsarbeit über Weiterentwicklung bis hin zur Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit der pädagogischen Leitung – abwickeln kann. Ich habe in diesen Dingen immer freie Hand gehabt, die mir in der Umsetzung wichtig gewesen sind und in welche Richtung es gehen soll. Es trägt zwar der Vorstand eine große Verantwortung, aber im täglichen operativen Geschäft habe ich selbst gestalten dürfen und das macht die Qualität der Arbeit aus. Nah an den Kindern, nah an den Eltern und nah an den gesellschaftlichen Entwicklungen zu bleiben, ist sehr bereichernd. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen hier in Graz und österreichweit sehr angenehm und spannend, auch mit der Blickrichtung darauf, was wir gemeinsam mit den Kindern erreichen wollen und was wir permanent weiterentwickeln möchten. Es ist ein tolles Team!

Herzlichen Dank für das Gespräch!


Geschäftsführerin Rainbows: Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack
Fotocredit: Marija Kanizaj

Ausbildungen:
Sonderschulpädagogin
Studium der Pädagogik
Personal- und Organisationsentwicklung
Unternehmerakademie

Die Kleine Zeitung hat am 30. Jänner 2021 Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack und ihre Arbeit bei RAINBOWS als „Steirerin des Tages“ gewürdigt.

Großes Ehrenzeichen des Landes Steiermark für Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack
Eine große Ehre für RAINBOWS! Am 15. November 2021 ist im wunderschönen Rahmen der Alten Aula der Universität von Landeshauptmann Schützenhöfer und Landeshauptmann-Stellvertreter Lang das Große Ehrenzeichen des Landes Steiermark an Mag.a Dagmar Bojdunyk-Rack in Vertretung all jener Menschen, die sich für RAINBOWS engagieren, verliehen worden.


Das Interview führte Gertrude Pellischek. Für Gertrude ist RAINBOWS eine Herzenssache, da sie als selbst Betroffene, die mit zwölf Jahren ihre Mutter an Krebs verloren hat, RAINBOWS dringend gebraucht hätte. Damals hat es RAINBOWS noch nicht gegeben und deswegen freut es sie sehr, dass nunmehr seit 30 Jahren RAINBOWS Kindern in Verlust- und Trennungssituationen Unterstützung und Begleitung anbietet.